Wir sitzen im Atelier von Friederike Fiebelkorn hoch über den Dächern des Olivaer Platz und bewundern die vielen zarten Kleider um uns herum. Die Maßschneiderin könnte unzählige Geschichten erzählen, die sich rund um das „perfekte“ Hochzeitskleid ranken.

Die junge Frau, die mit einem furchtbar unmodernen Hochzeitskleid ihrer Mutter aus den 1980er Jahren ins Maßatelier kommt, ist ziemlich verzweifelt. Einerseits hängt ihr Herz an dem Vermächtnis der Mutter, andererseits kann sie sich nicht vorstellen, ihren eigenen Hochzeitstag in dem aus der Zeit gefallenen Textil zu verbringen. Also: bewahren oder verschwinden lassen? Beides!

Die Lösung hat Friederike Fiebelkorn, die das gute Stück komplett fachmännisch auseinandergenommen hat. „Vom ursprünglichen Kleid blieb nur das Material, aber mit einem neuen Konzept und einem frischen Schnitt wird es nun noch lange Freude machen“, ist sich die Maßschneiderin sicher.

Eigentlich war sie anfangs mehr mit eigenen Kollektionen beschäftigt, doch dann kam eine Anfrage, die ihrer Arbeit eine andere Richtung gab. „Machen Sie auch Umarbeitungen?“ Seit dem widmet sich die Expertin diesem Thema und interpretiert es völlig neu. Hier werden Spitze und Unterkleid getrennt, damit sie neu kombiniert werden können. Dort wird ein Detail entfernt oder – je nach dem – hinzugefügt, und schon ist das Kleid alltagstauglich und erinnert seine Trägerin dennoch an den großen Tag in der Vergangenheit.

Aber auch ehrenamtlich möchte sich Friederike Fiebelkorn für ihr Handwerk engagieren. Ihre Expertise will sie zukünftig verstärkt in ihrer Innung einbringen, wo sie seit ca. einem Jahr sporadisch aktiv ist. Wenn sie einen Wunsch frei hätte, welcher wäre das? „Das Thema bezahlbare Gewerberäume brennt allen auf den Nägeln“, kommt es spontan als Antwort. Das höre ich nicht zum ersten Mal, Verdrängung von Handwerksbetrieben ist momentan einer der häufigsten Hilferufe, die uns in der Handwerkskammer erreichen. „In zehn Jahren will ich nicht die Präsidentin von nur noch 20.000 anstelle von aktuell 30.000 Betrieben sein“, dies habe ich auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel beim Antrittsbesuch gesagt. Das Thema ist platziert und ich werde auch zukünftig den Finger in die Wunde legen – auch wenn das Thema Gewerbemieten ein Bundesthema ist. Wenn wir die Mischung aus Wohnen und Arbeiten in Berlin erhalten wollen, darf sich die Politik nicht wegducken!

(Text: Sarkandy/Zarth)