Das Friseurhandwerk ist Teil unserer Lebenskultur. Styling und Schnitt spiegeln Persönlichkeit wieder, Haare können Ausdruck eines Lebensgefühls sein. Das wissen wir nicht erst seit Corona. In dieser Zeit, kurz nach dem ersten Lockdown, hat Franziska Krahl ihren Friseursalon Madame K. gegründet. Kurze Zeit später stellt sie Zeinab ein. Zeinab ist gehörlos, trägt ein Cochlea-Implantat und liest ihrem Gegenüber von den Lippen ab. Seitdem fühlen sich auch Menschen mit Hörproblemen in der Neuköllner Wildenbruchstraße buchstäblich in besten Händen – Zeinab spricht Gebärdensprache.
Franziska Krahl lernt selbst die Gebärdensprache, damit sie sich besser verständigen können. Schon während ihrer Ausbildung in Stuttgart an der Friseurschule „Keller the School“ hatte sie gehörlose Kolleginnen. Franziska Krahl wollte nach dem Abitur nicht studieren, sondern ihren Traum verwirklichen und ein eigenes Unternehmen aufbauen. Sie ist in einer Handwerkerfamilie groß geworden, Vater und Bruder kommen aus dem Kfz- Handwerk.
Nicht nur bei Farbgestaltung und Einrichtung ihres Geschäfts nahm sie Expertenhilfe in Anspruch, um für eine Wohlfühlatmosphäre in warmem Grau, Altrosa und Schwarz zu sorgen. Im Gründungsprozess holte sie in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen Rat bei der Handwerkskammer Berlin: „Vor allem die Inklusionsberatung hat mich unterstützt.“
Am meisten lerne jeder bei der Arbeit am Kunden, war ihr Ausbilder überzeugt. „Für ihn war Ausbildung immer mehr als Haare waschen und fegen und er war Menschen mit Beeinträchtigungen gegenüber sehr aufgeschlossen“, erzählt die Friseurmeisterin. Ihr
Ausbilder bleibt ihr Vorbild. So bildet auch Franziska Krahl aus. Da ist Tawan, die französisch spricht und mit Mitte 30, nach dem Studium, eine Lehre bei Madame K. begann, weil ihr das Handwerk doch mehr liegt. Tawan darf von Anfang an mitarbeiten. Die Freude am Lernen, am Friseurberuf, soll schließlich ein Leben lang anhalten.
Gerade will noch eine junge Frau ihren Berufswunsch wahrmachen und bei Franziska Krahl das Friseurhandwerk erlernen. Die junge Mutter ist alleinerziehend, sie startet ihre Ausbildung in Teilzeit. Dieser Herausforderung stellt sich die Unternehmerin ganz selbstverständlich. Sie sieht vor allem die Chancen in Inklusion und Teilzeitausbildung, ist auch für Lebenswege offen, die nicht nur gerade verlaufen. „Beschäftigte sind das Einzige, dass man nicht nachbestellen kann, hat schon mein Opa gesagt. Dafür muss ich selbst sorgen“, sagt Franziska Krahl und sie strahlt dabei über das ganze Gesicht. Die Worte ihres Großvaters sind keine Bürde, sondern eine Aufgabe, die Franziska Krahl mit einer Selbstverständlichkeit annimmt, die mich tief beeindruckt.
Text: Marina Wolf / Carola Zarth
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